Eigentlich bin ich auf dem Weg nach Osten. Dabei hat es mich zunächst nach München verschlagen :-) Und weil das Wetter heute schlecht war, habe ich gedacht: Warum nicht mal einen Gerichtstag einlegen? Und so stand ich dann vor dem Oberlandesgericht in der Warteschlange für den sog. NSU/Zschäpe-Prozess. Um 13 Uhr war ich dann endlich drin. Die Sicherheitschecks sind ähnlich wie am Airport. Man muss sich fast ganz ausziehen.
Als Frau Zschäpe in den Saal kam, brach ein Blitzlichtgewitter los, vor dem ihre drei Pflichtverteidiger sie zu schützen versuchten. Erst als die Fotografen weg waren, drehte sie sich um und zeigte ihr Gesicht. Dann kamen die Richter und die Verhandlung wurde fortgesetzt, sie dauert ja schon seit mehr als 100 Tagen.
Zuerst wurde Zschäpes Antrag auf Entpflichtung ihrer drei Verteidiger abgelehnt.
Dann trat eine heute 21-jährige Zeugin auf, die mehrere Urlaube mit dem Trio Zschäpe, Mundlos und Bönhard auf einem CP auf Fehmarn verbracht hatte. Damals nannten sie sich Lieschen, Max und Gerry. Die Zeugin weinte zunächst bitterlich und wollte sich gar nicht beruhigen. Der vorsitzende Richter Götzl war sehr behutsam und ließ sich und der Zeugin viel Zeit. Und so kam Stück für Stück eine menschliche Tragödie ans Licht.
Die Zeugin hatte sich als Kind/Jugendliche sehr zu den Dreien hingezogen gefühlt und fühlte sich von denen auch angenommen und gemocht. Man hatte mehrere Urlaube zusammen verbracht und sich auch zwischendurch mal getroffen. Man hatte telefoniert und gemailt und Geschenke ausgetauscht. Und dann liefen die Nachrichten durch die Medien, die ein ganz anderes Bild von den Dreien zeigten. Für die junge Zeugin brach eine Welt zusammen, wie sie es selbst ausdrückte.
Frau Zschäpe saß regungslos dabei. Sie richtete kein Wort an die Zeugin. Von meinem Platz auf der Tribüne konnte ich nicht erkennen, ob es einen Blickkontakt oder eine Geste oder sowas gegeben hat.